John M. Coetzee (Südafrika/Australien); Valerie Fritsch (Österreich); Eva Maria Gintsberg (Österreich); Vigdis Hjorth (Norwegen); Barbi Marković (Österreich/Serbien); Romina Nikolić (Deutschland); Hiroko Oyamada (Japan); Vladimir Sorokin (Russland); Michael Stavarič (Österreich/Tschechien); Douglas Stuart (Schottland/USA); Urs Zürcher (Schweiz); Special guests: Mariana Dimópulos (Argentinien), Ariela und Thomas Sarbacher (Schweiz/Deutschland), INTIMSPRAY
Manchmal gibt es Träume, die gar nicht mehr geträumt werden, weil, ach, viel zu groß. Und wenn sie sich dann erfüllen – ist die Freude überwältigend! Und die Ehre noch größer. Jahrelang
träumten wir davon, John M. Coetzee, in Kapstadt/Südafrika geboren, seit Langem in Australien lebend und Literaturnobelpreisträger des Jahres 2003, als Gast empfangen zu dürfen – und nun ist
er da. Er, dessen Aufenthalte in Europa in den letzten 20 Jahren an nicht einmal einer Hand abzuzählen sind. Und: Er kommt pünktlich zum 50-Jahres-Jubiläum seines Debüts «Dusklands», dem
Weltliteratur-Romane folgten, «Leben und Zeiten des Michael K» etwa, «Schande» und jüngst «Der Pole».
Vor einigen Jahren sagte Coetzee, mit zahllosen Preisen ausgezeichnet und mit vielen Ehrendoktorhüten, in einem seiner raren Interviews, es gebe eine über die Literaturwelt hinausgehende
Stimmung, dass alle Autorinnen und Autoren zu wenig geschätzt und zu wenig gelesen würden und dass in unserer Phase der posthistoire, der immer vergesslicher werdenden digitalen
Nach-Geschichte-Zeit, Schreibende immer unwichtiger würden. Dies gilt nicht für John M. Coetzee. Im Gegenteil. Für ihn gilt: Lesen! Und ihm bei Sprachsalz zuhören. Denn einmal wird er mit seiner
spanischen Übersetzerin Mariana Dimópoulos übers Übersetzen reden und übers gemeinsam verfasste Buch, das 2025 (!)auf Englisch und Deutsch erscheinen wird. AK
Werke: «Der Pole» Roman 2023; «Der Tod Jesu» Roman 2020; «Sommer des Lebens» Roman 2010; «Elizabeth Costello» 2004; «Schande» Roman 2000, alle übers. v. Reinhild Böhnke, alle S. Fischer Verlag; mit Paul Auster «Von hier nach da. Briefe 2008–2011», 2014 übers. v. Reinhild Böhnke und Werner Schmitz, S. Fischer Verlag.
14/09/2024 20:30 Kulturquartier grosser Saal
15/09/2024 11:00 Kulturquartier Theater (Talk gemeinsam mit Mariana Dimópulos)
Um die Literatur von Valerie Fritsch besser verstehen zu können, ist es sicher hilfreich zu wissen, dass die Autorin ein Fotografie-Studium abgeschlossen hat. Die Suche nach kraftvollen,
lyrischen Bildern und Metaphern ist ein bestimmendes Merkmal ihrer Texte. Im Zentrum ihres aktuellen Buches «Zitronen» steht August Drach, der mit seinen Eltern am Rande eines Dorfes in
vermeintlich ländlicher Idylle aufwächst. Der Lebensalltag schaut jedoch etwas anders aus. Sein gewaltbereiter Vater will ihn mit Züchtigungen an sich binden, ehe er eines Tages spurlos
verschwindet.
Augusts Mutter, die früher Krankenschwester war, pflegt ihn auf krankhafte Art und Weise. Sie verabreicht ihm eine Unzahl von Medikamenten und anderen toxischen Mitteln, um sich dann aufopfernd
um ihn kümmern zu können: «So geisterte sie um August herum, wusste nicht, wie sie einem Kind, dem es gutging, auch eine gute Mutter sein sollte. Sie versuchte es mit kleinen Vergiftungen,
winzigen Akten der Sabotage, die sie hinter dem Zufall oder der eigenen Ungeschicklichkeit verstecken konnte.»
Als Erwachsener zieht (der arme) August in die Stadt und, wie kaum anders zu erwarten , scheitert in seinem Leben und kehrt am Ende des Buches nach Hause zurück. «Aber an diesem Abend schoss
August Drach seiner Mutter mit der Repetierpistole der Wilhelm-Tell-Spiele, in den Kopf.» ES
Werke: «Zitronen» 2024; «Herzklappen von Johnson und Johnson» 2020; «Winters Garten» 2015, alle Suhrkamp Verlag.
13/09/2024 15:00 Kulturquartier Theater
14/09/2024 16:00 Vitus & Urban (Talk)
15/09/2024 14:00 Vitus & Urban
Es scheint manchmal zufällig zu sein, manchmal auch nicht. Meinte Eva Maria Gintsberg über nichts Geringeres (und nichts Größeres) als – das Leben. Aber alles andere als ein Zufall ist es, dass mit ihr, der Schauspielerin, der Rezitatorin, der studierten Literaturwissenschaftlerin, eine der feinsinnigsten Stimmen der österreichischen Gegenwartsliteratur in diesem Jahr zu Sprachsalz geladen ist. Und, nachdem jüngst ihr erstes Theaterstück uraufgeführt wurde, Prosa und Lyrik lesen wird. Und: Beides ist – Ereignis wie Erlebnis! Denn ihre «Schichtgedichte» sind ebenso raffiniert wie «Herr Klein» und «Die Reise». Ist Letzteres ein Reisebuch von großer Magie und ebenso großem Geflecht an Schicksalhaftem, so ist ihre Lyrik – und als Buch ebenso Aufsehen erregend liebevoll gestaltet und gedruckt wie die beiden anderen Bände – sensibel, subtil, sprachlich fein wie kunstvoll wurzelnd in vielen Schichten. Das ist ganz buchstäblich zu verstehen (und erst recht zu hören!), denn die Schichten sind Standarddeutsch und Dialekt: «bist aufn hund kemma / vater / mutter / kind / ene / mene / mug / was schaugstn so scheps». Krustenbraten, Brutalität, Enge und Lieblosigkeit hier, Wärme, Hoffnungsgräben, Sorglosigkeit und Liebeswörter dort: Das ist ein All-Tiroler Poesiekosmos mit Widerhaken, mit Weh, fern jeder Idylle. Gintsbergs Sprache ist dicht, körperlich, dabei leichtfüßig, ja schwebend, ihre Poeme sind durchwoben von eindringlichen Bildern: «in den endlos / warmen sommertagen / mit der langeweile / arm in arm um die / wette laufen». AK
Werke: «Schichtgedichte» 2023; «Herr Klein» Roman 2021; «Die Reise» Erzählung 2020, alle edition himmel bei Limbus
Verlag.
13/09/2024 14:00 Kulturquartier Theater
14/09/2024 14:00 Vitus & Urban
«Eine der herausragendsten Autorinnen Norwegens» nennt sie The New Yorker, zudem war Vigdis Hjorth bereits für den International Booker Prize nominiert. Ihr neues Buch «Die Wahrheiten meiner Mutter»: «Ein erschütternder und zwingender Roman über das gespannte Band zwischen Töchtern und Müttern.« (The New York Times Book Review). Vigdis Hjorth erzählt drastisch von zerrütteten Beziehungen, von Sehnsucht und Enttäuschung und davon, wie man der Vergangenheit begegnet, ohne sich selbst aufzugeben. Bereits 2016 - also einige Zeit, bevor die Autorin internationale Aufmerksamkeit erhielt – war sie bei Sprachsalz; ich hatte damals ihren Roman «Ein norwegisches Haus» gelesen. Und wie des Öfteren – zuletzt bei Jon Fosse – hat das Sprachsalz-Team literarisches Gespür bewiesen! Hjorth gilt als Vertreterin jener radikalen skandinavischen Selbstentblößungs-Literatur, die vom Norweger Dag Solstad ausging und von Literaturstar Karl Ove Knausgård, und seiner Reihe «Mein Kampf» in die Welt hinausgetragen wurde. Mit dem ebenfalls bei S. Fischer 2024 erschienen Buch «Ein falsches Wort» gelang Vigdis Hjorth der internationale Durchbruch. Der Roman hatte 2016 in Norwegen einen Skandal um die Wahrhaftigkeit von Literatur ausgelöst, gewann eine Vielzahl von Preisen und festigte Hjorths Status als eine der bedeutendsten Autorinnen unserer Zeit. Sprachsalz bietet heuer die Möglichkeit, dieser Autorin persönlich zu begegnen und die Bücher signieren zu lassen! HDH
Werke: «Die Wahrheiten meiner Mutter» 2024 Roman; «Ein falsches Wort» 2024 Roman, beide übersetzt von Gabriele Haefs im S. Fischer Verlag; «Ein norwegisches Haus» 2015 Osburg Verlag.
13/09/2024 17:00 Vitus & Urban
14/09/2024 14:00 Kulturquartier Theater
Mit Barbi Marković ist in die deutschsprachige Literatur ein erfrischender Wirbelwind gekommen. Für ihre letzte Publikation «Mini horror» erhielt sie heuer den Leipziger Buchpreis für
Belletristik; seither folgten weitere Auszeichnungen.
In diesem Buch lässt Marković in mehreren Episoden ihre beiden Protagonisten Mini und Miki wie zwei Comic-Figuren durch den Alltag streunen. Dies tut sie mit Witz, Ironie, Bösartigkeit, und
häufig mit überraschenden Wendungen: Bei einem Arztbesuch übernimmt der Mediziner schließlich die Rolle des Patienten, denn auf alle Symptome und Krankheitsbilder antwortet er mit eigenen Leiden.
Schließlich wünscht die Patientin Mini ihrem Arzt alles Gute. Oder Mini besucht ihre Verwandtschaft in Belgrad, die sie mit bösen Vorhaltungen in ein Erdloch buddelt.
Absurditäten und grotesker Humor sind die Triebfedern und gleichzeitig Markenzeichen der Literatur von Marković. In ihrem Roman «Superheldinnen» (2016) treffen sich drei Damen migrantischer
Herkunft regelmäßig zu okkulten Treffen in einem Café in Wien, um auf diese Weise zu versuchen, ihrer Mittellosigkeit zu entkommen und endlich ein Leben wie das der Mittelschicht führen zu
können.
Barbi Marković wurde 1980 in Belgrad geboren und lebt seit 2006 in Wien. In einem Interview erzählte sie, dass in ihrer Heimatstadt während der Nato-Bombardierungen im Bunker saß und Marcel
Prousts «Auf der Suche nach der verlorenen Zeit»
las. ES
Werke: «Minihorror» 2023; «Die verschissene Zeit» 2021; «Superheldinnen» 2016; alle Residenz Verlag. «Ausgehen» 2009 Suhrkamp Verlag.
13/09/2024 18:00 Kulturquartier Theater
14/09/2024 16:00 Vitus & Urban (Talk)
14/09/2024 13:00 Kulturquartier Theater
«Also ich weiß auch nicht…» Die große Mehrzahl der obsessiven Leser*innen schütteln den Kopf und winken ab, sobald das Thema Lyrik aufkommt. Langweilig sei sie. Hermetisch. Lächerlich
pathetisch. Mittelmäßig. Kurz: bloß nicht.
Ich lese für mein Leben gerne Romane. Am liebsten amerikanische. (Und natürlich die all der wunderbaren Sprachsalz-Autor*innen – blättern Sie gern ein paar Seiten vor und zurück, dann erfahren
Sie weshalb.) Doch dann begegnen mir immer wieder Lyrikbände, die mich aufgreifen und forttragen. Romina Nikolićs «Unterholz» ist ein solches Buch. Sprach- und bildgewaltig verflicht sie das
Ganzganzgroße mit dem Kleinsten: «In einem Kubikmeter Luft schwirren Quadrillionen Gasmoleküle umher, die wirrsten Gedanken, Gott streifte die winzigen Härchen auf meinem Handrücken beim Sturz
aus den Ästen (…) Wach bleiben, die Augen immer offen halten, sagten die Katzen auf den Fensterbänken.» Mikrokosmos meets Makrokosmos meets Popkultur. «In den Lücken zwischen Zeit und
Zeitlosigkeit entstehen eindrückliche Kippfiguren der Wahrnehmung (…). Gebären und Sterben, Leben und Ableben, davon hat diese Lyrikerin Kenntnis, doch stellt sie kein Wissen aus. Vielmehr gibt
sie sogar den Hinweis, es handele sich bei dem lyrisch Umkreisten um ‘Auszüge’. Nie die ganze Wirklichkeit treffen zu können, sondern Teile von ihr zu verlebendigen, das ist seit jeher die
Aufgabe der Poesie», so Marica Bodrozic in der FAZ.
Kein Wunder also, dass «Unterholz» nicht nur vom Publikum und der Kritik, sondern auch von Sprachsalz gefeiert wird. UW
Werke: «Unterholz. Auszüge aus einem Langgedicht» 2023 Wartburg Verlag.
13/09/2024 16:00 Vitus & Urban
14/09/2024 13:00 Vitus & Urban (Talk)
14/09/2024 16:00 Vitus & Urban
‹In ein Loch fallen› ist eine Metapher, die unterschiedliche Assoziationen auslösen kann. Im Deutschen ist es auf jeden Fall der Gedanke an das Gefühl von Depression, Verzweiflung und
Aussichtslosigkeit. Es kann aber auch mit dem Gegenteil, nämlich mit Neubeginn und Abenteuer, verbunden werden, wenn wir etwa an Lewis Carrolls Alice denken, die dank eines Sturzes in ein Loch
eine völlig neue, wunderbare Welt kennenlernt. Zu Oyamadas Protagonistin Asa in dem Roman «Das Loch» passen beide Varianten. Denn der Wechsel vom Leben als Angestellte in der Stadt zur Hausfrau
bei der Schwiegermutter auf dem Land versetzt Asa zunächst in einen Zustand der Agonie, und dann fällt sie tatsächlich in ein Loch. Wie es dazu kam und was daraufhin passiert, soll hier nicht
verraten werden. Doch was bei diesem Roman wie auch bei den anderen Werken Oyamadas einen besonderen und nachhaltigen Eindruck macht, ist ihr schräger Blick auf die Welt, der nichts wirklich
erfindet, aber einmal wie mittels eines Mikroskops Dinge heranzoomt, die man so noch nie gesehen hat, Wahrnehmungen verschwimmen lässt, sodass man an ihrer Wahrhaftigkeit zweifeln
muss.
Aus der Vermischung zwischen realistischer und surrealistischer Wahrnehmung ergibt sich manche verblüffende Einsicht in reale Probleme dieser Welt, zum Beispiel, dass Menschen, die sich
nahestehen, im Grunde nichts voneinander wissen. Der Roman «Das Loch» gehört zu den frühen Werken Oyamadas, für den sie in Japan 2014 den renommierten Akutagawa-Preis erhalten
hat.
RG
Werke: «Das Loch» Roman aus dem Japanischen von Nora Bierich 2024 Rowohlt Verlag (Original: «Ana» 2014 Shinchosha).
14/09/2024 20:30 Kulturquartier grosser Saal (Kurzlesung am Sprachsalz Abend)
14/09/2024 17:00 Kulturquartier Theater
15/09/2024 15:00 Vitus & Urban
Hoffentlich führt Vladimir Sorokin, Jahrgang 1955, nicht leibhaftig vor, was er in «Manaraga. Tagebuch eines Meisterkochs» so hinreißend appetitanregend beschreibt! Zukunft, bald. Die Welt ist oligarchisch aufgeteilt, kapitalistisches Hauen und Stechen geht vonstatten. Gelesen wird nicht mehr. Bücher aus Papier taugen nur noch als Hilfsmittel für exklusive Luxusgourmetmenüs, die Koch Geza kreiert (in Bayern! auf einem Schloss!!). Da gibt es Schnitzel auf Arthur Schnitzler, Zander auf Bulgakow, Stör-Schaschlik auf Dostojewskis «Der Idiot». Bücherverbrennung – ein kulinarisches Ereignis. Eine irrwitzige Etüde über uns und die Welt. Alles düster. Aber dabei wie alle Bücher des seit Februar 2022 in Berlin lebenden Russen sehr lustig und überschäumend irrwitzig. Sorokin: «Wenn du ein Buch wirklich liebst, wird es dir alle Wärme spenden, die in ihm wohnt.»
Wärme spendet Sorokins Literatur-Welt, auch wenn sie so «crazy» (SZ) ist wie die seines jüngsten Romans, dem von Dorothea Trottenberg glänzend übersetzten «Doktor Garin» – daraus wird Sorokin lesen. Darin betreut die Titelfigur in einem psychiatrischen Spital im Altaigebirge hochneurotische Insassen namens Donald und Wladimir, Angela, Emmanuel und Boris. Sie verbindet alle eins: Sie denken und reden mit dem Hinterteil … und dann läuft das Ganze infolge einer Atombombe völlig aus dem Ruder und trudelt komplett ins Absurde und Posthumane ab, Zottelorks inkludiert. Lauthals grotesk lachen wollen? Sorokin lesen! AK
Werke: «Doktor Garin» Roman 2024, übersetzt von Dorothea Trottenberg; «Manaraga. Tagebuch eines Meisterkochs» Roman 2018; «Telluria» Roman 2015; «Der Schneesturm» Roman 2012; «Der Zuckerkreml» Roman 2010, alle Kiepenheuer & Witsch Verlag.
13/09/2024 16:00 Kulturquartier Theater
14/09/2024 20:30 Kulturquartier grosser Saal (Kurzlesung am Sprachsalz Abend)
15/09/2024 16:00 Vitus & Urban
Hineingeboren in eine Arbeiterfamilie in Glasgow, studierte er am Royal College of Art, um danach als Modedesigner nach New York zu gehen. 2010 begann er literarisch zu arbeiten (Shortstories im The New Yorker Magazine), 2020 erschien der Roman «Shuggie Bain», angesiedelt in seiner Heimatstadt Glasgow. In 40 Ländern erschienen, wurde er zum Weltbestseller und erhielt 2020 den Booker Preis. Ein großer Teil des Buches handelt von der Agonie, in der Agnes (Shuggies Mutter) die Jahre in Pithead verbringt. Stuart erzählt vom richtungslosen Verfall überwiegend aus der personalen Perspektive des jüngsten Sohnes, der anfangs gerade erst sechs, sieben Jahre alt ist, wegen der Hilflosigkeit seiner Mutter aber rasch älter werden muss. Wenn sie betrunken ist, versteckt er die Rasierklingen, hält sie von der Tür fern, wimmelt klingelnde Nachbarn ab. Ich hatte «Shuggie Bain» bereits 2020 gelesen, nachdem es bei Grove Atlantic erschienen war, und bemühte mich, den Autor zum Festival zu holen. Heuer ist es gelungen; zudem als 2024 einzige Lesung im deutschsprachigen Raum. Sein zweiter Roman «Young Mungo» avancierte kurz nach dem Erscheinen ebenfalls zum Weltbestseller. Ein ebenso fesselnder Roman mit subtil eingestreuten Wendungen, der unter die Haut geht. Eine in Literatur gehüllte Realität, wahrhaftig und berührend. Eine Vertiefung des Themas und Weiterentwicklung des Erstlings. Auch im tiefen Fall rettet er seine Figuren in beiden Büchern mit opulenter Sprache. Nicht entgehen lassen! HDH
Werke: «Young Mungo» 2023 Roman; «Shuggie Bain» 2021 Roman, beide übersetzt von Sophie Zeitz bei Hanser Berlin.
13/09/2024 20:00 Kulturquartier Theater
14/09/2024 20:30 Kulturquartier grosser Saal (Kurzlesung am Sprachsalz Abend)
14/09/2024 15:00 Kulturquartier Theater
Die Welt der Literatur ist reich an Superlativen. Nicht nur die Ankündigungen in Verlagsprospekten überschlagen sich mit Lob, es wird allüberall gepriesen, was das Zeug hält. Von Michael Stavarič
heißt es unter anderem, er sei einer der vielseitigsten und interessantesten deutschsprachigen Schriftsteller. Nun ja, denken Sie jetzt, diese Lobhudelei wird auch vor Sprachsalz nicht Halt
machen. Wir meinen: Entscheiden Sie selbst!
Stavaričs Romane inszenieren Immobilienmaklerinnen, Metzgerinnen, Zoohändler, Waisenkinder, Tiere, Brandstifter, Schwerenöter, Mörder, Genforscherinnen und zuletzt – in «Das Phantom» – Thomas
Bernhard. «Michael Stavaričs Schreiben», so Beate Tröger, «ereignet und entwickelt sich zwischen Gegensätzen und Spannungsverhältnissen, zwischen Rückgriffen auf Erzählmuster und der Abkehr von
ihnen, zwischen anarchischer Spontaneität und Reflexion, zwischen einem Verwirbeln und Ordnen der Worte.»
Ein besonderes Anliegen des 1972 in Brno/Tschechien geborenen und heute in Wien lebenden Autors sind seine Bilder- und Sachbücher für Kinder (und Erwachsene), die – wie auch die Romane – vielfach
ausgezeichnet wurden. Die Reihe über Meeresbewohner wie Kraken, Quallen oder zuletzt «Faszination Haie» hat aus dem Stand die Herzen seiner Leser*innen erobert. Kein Wunder also, dass Michael
Stavarič gleich für den ersten Band den Österreichischen Kinder- und Jugendbuchpreis 2022 erhielt, zusammen mit Michèle Ganser, von der die großartigen Illustrationen
stammen. UW
Werke: «Das Phantom» 2023 Roman, Luchterhand. «Die Suche nach dem Ende der Dunkelheit» 2023 Gedichte, Limbus. «Faszination Qualle» 2023 Sachbuch, Leykam.
14/09/2024 14:00 KUBI Bibliothek
14/09/2024 16:00 Kulturquartier Theater
15/09/2024 13:00 Vitus & Urban
Vor zwanzig Jahren war der Kritiker von «sehepunkte. Rezensionsjournal für die Geschichtswissenschaften» sehr zufrieden. Er hatte gerade Urs Zürchers frisch als Buch erschienene Doktorarbeit «Monster oder eine Laune der Natur. Medizin und die Lehre von den Missbildungen» gelesen und lobte die Abhandlung, «weil sie sowohl informiert als auch analysiert und damit sehr gut Assoziationen für weitergehende Untersuchungen weckt.» Was folgen sollten, waren – Romane. Natürlich. Zehn Jahre später «Der Innerschweizer», sogleich nominiert für einen prestigereichen Preis für das beste deutschsprachige Romandebüt des Jahres. In diesem Erzählwerk führte Zürcher vor, dass der Firnis der Zivilisation ein ganz dünner nur ist und der Rest monströs. In «Überwintern» (2020) dann schilderte Zürcher, sich von Buch zu Buch zu einem der interessantesten Schriftsteller der Schweiz mausernd, eine Freundschaft – und ob Männlichkeitsverunsicherung die Geschichte monströser Radikalisierung. Auch sein neuester Roman «Begehren» kreist um Freundschaften, diesmal raffinierter denn je zuvor. Vier Stimmen. Vier Teil-Panoramen. Eine Gesellschaft in der Monster-Totalen. Viele Flashs, Kurzszenen, vier Leben, Balancen und Disbalancen … und am Ende, als sich Mara, Zora, Charly und Nico endlich zu einem gemeinsamen Abend in einer Waldhütte treffen, beginnt es zu schneien … und dann taucht Grace auf. So raffiniert wird selten in der Gegenwartsliteratur erzählt. Ein Tipp: Lesen Sie diesen Roman nicht, wenn es schneit! Oder vielleicht genau dann. AK
Werke: «Begehren» Roman 2023; «Überwintern» Roman 2020; «Alberts Verlust» Roman 2018; «Der Innerschweizer» Roman 2014; alle Bilger Verlag.
13/09/2024 17:00 Kulturquartier Theater
14/09/2024 15:00 Vitus & Urban
Einer der graziösesten Texte des Essayisten Walter Benjamin in seinem Band «Einbahnstraße» ist die Miniatur über das Karussell. Alles, nur kein Zufall, dass die in Buenos Aires geborene Mariana
Dimópulos ein ganzes, gelehrtes Buch über ihn «Carrusel Benjamin» betitelte.
Lesend karusselliert man dann auch umgehend ob der Arbeiten der mehrsprachigen Kosmopolitin, die vier Romane schrieb und ins Spanische Adorno und Heidegger, Robert Musil und Franz Kafka übertrug
– und John M. Coetzee. Mit diesem wird sie bei Sprachsalz über das gemeinsam mit ihm geschriebene Buch über Sprache und Übersetzen sprechen, das erst 2025 (!) auf Englisch und Deutsch
erscheinen wird. Mariana Dimópulos lebt in
Berlin.
AK
Werke: «Quemar el cielo» Roman 2019; «Pendiente» Roman 2013, beide Adriana Hidalgo Editora.
15/09/2024 11:00 Kulturquartier Theater
Eine fulminante Lesung von Ariela und Thomas Sarbacher, live begleitet von der Band INTIMSPRAY, bildet den krönenden Abschluss des diesjährigen Festivals.
«Es würde mich drei Monate kosten, auch nur ein paar Zeilen über Juan Rulfo zu schreiben. Ich werde einfach wiederholen, was ich immer schon überall gesagt habe: Pedro Páramo ist der schönste
Roman, der seit der Geburt der spanischsprachigen Literatur geschrieben worden ist», sagt kein geringerer als Gabriel García Márquez.
«Pedro Páramo» ist die Geschichte von Pedro Páramo, dem Großgrundbesitzer und Tyrann von Comala, und seinem Sohn Juan Preciado, der nach ihm sucht. Er spielt in dem heruntergekommenen Dorf
Comala, einem wüsten Steinhaufen inmitten einer sonnenverbrannten Einöde, wo die Toten reden, als ob sie lebendig wären, und wo von den Lebenden nicht zu sagen ist, ob sie noch leben oder schon
lange tot sind.
Dieser unheimliche Text von Juan Rulfo hat Seltenheitswert in der Literatur, und vorgelesen ist er besonders eindrücklich. Ariela und Thomas Sarbacher, die bei Sprachsalz schon oft zu sehen waren
– sowohl als Interpret*innen von Texten als auch mit eigenen Werken (Ariela Sarbacher schreibt gerade an ihrem dritten Buch) – interpretieren diesen Text: Begleitet werden sie dabei von den
ebenso eindringlichen musikalischen Geistern, welche die Band «Intimspray» beschwört.
Ariela Sarbacher ist Schriftstellerin und Schauspielerin. 2020 erschienen ihr Roman «Der Sommer im Garten meiner Mutter» (Bilgerverlag) & das literarische Tagebuch «Der
gebremste, der bewegte Frühling, und jetzt ist es Sommer» (Telegramme Verlag). Publikation des Gedichtes «Bestimmungsort» im Jahrbuch der Lyrik 2023 (Schöffling & Co.) 2024 erschien
«Verführung zur Weitsicht – Texte für Ruth Schweikert» (essais agités, Verlag Der gesunde Menschenversand), Textbeitrag in «Fragen hätte ich noch» (Rotpunktverlag). Sie lebt und arbeitet in
Zürich.
Thomas Sarbacher, geboren in Hamburg, absolvierte die Schauspielausbildung an der Hochschule für Musik und Darstellende Kunst in Graz. Nach langjähriger Zugehörigkeit zum
Ensemble der Bremer Shakespeare Company folgten zunächst zahlreiche Gastengagements an Theatern in Deutschland, Österreich und der Schweiz. Seit dem Jahr 2000 ist er als freischaffender
Schauspieler vor allem in vielen Fernseh- und Kinoproduktionen beschäftigt. Neben Lesungen bei Literaturveranstaltungen für fremdsprachige Autorinnen und Autoren liest Thomas Sarbacher Hörbücher
ein, entwickelt eigene Formate für literarische Lesungen und erarbeitet Theater-produktionen aufgrund literarischer Vorlagen. Thomas Sarbacher lebt in Zürich.
Intimspray: Heinz D. Heisl, Bill Pugh, Heribert Corny Kornfeil, Daniel Homolka. Legendäre Postpunk-Band der 80er Jahre, seit 2019 wieder in Originalbesetzung mit Neuzugang Daniel
Homolka auf vielen Bühnen unterwegs. Aktuelle LPs: «Intimspray» (LP), 2024 (Remastered Reissue), Blind Rope Records/monkey. «Die Butter» (LP), 2024, Delle Records.
www.intimspray-band.com
15/09/2024 17:00 Kulturquartier Theater
SUBVENTIONEN, SPONSORING, PARTNERSCHAFTEN
Hauptsponsor*innen und Subventionsgeber*innen: Bundeskanzleramt KUNST, Land Tirol, Stadt Kufstein, Tourismusverband Kufsteinerland
Weitere Sponsor*innen: Arte Hotel Kufstein, Bar Vitus & Urban, KUBI Kufstein Bibliothek für Wissenschaft & Freizeit, Hotel Platzhirsch, Hotel Goldener Löwe Kufstein, Hotel Kufsteinerhof, Unterberger Automobile, Literar mechana, LBB – Franz Oberladstätter, Lampe Reisen, Buch-Café Lipott Kufstein, Buchhandlung Tyrolia Kufstein, Pro Helvetia – Schweizer Kulturstiftung, Tiroler Versicherung.
Kooperationspartner*innen: Kultur Quartier Kufstein, Ablinger.Garber, Coffee Bike Kufstein, Neue Kronenzeitung, Buch Wien, Presseclub Concordia, ORF Ö1 Club, Forschungsinstitut Brenner Archiv (Universität Innsbruck), Volltext, Zwanzger – Die Tiroler Straßenzeitung, Buchkultur.